INTERVIEW

Clash Der Kulturen
Fred Perry x Nicholas Daley

August 2019

Der britische Designer Nicholas Daley stellt seine Debütkollektion mit uns vor und spricht mit der Jazzmuse Mansur Brown und dem Musiker Nabihah Iqbal über britische Gegenkulturen und die Überkreuzung von Musik und Mode.

Wir stellen vor: Fred Perry x Nicholas Daley

Fred Perry und Nicholas Daley verbindet das Interesse an der Verknüpfung von zeitgenössischer Kultur und traditionellem Handwerk. Gemeinsam arbeiten sie an einer Hommage an die Gegenkultur.

Sie feiern die verschiedenen britischen Subkulturen und deren Beziehung zu Musik und Mode. Durch die gemeinsamen Ideale und Interessen kreuzen sich unsere Wege bei vielen Gelegenheiten.

Die Debütkollektion basiert auf der Geschichte von SLYGO, Nicholas' Hommage an die Rolle, die seine Familie bei der Entstehung der Reggae Sound System-Kultur in Großbritannien gespielt hat. SLYGO ist nach dem DJ-Alias von Nicholas’ Vater benannt und direkt von der Clubnacht seiner Eltern, dem Reggae Klub, der von 1978–1982 von Schottland ausgehend die Runde machte, inspiriert.

„Genauso sehe ich mir einen Schuh an oder die Trainingsjacke von Fred Perry. Ich sehe die Geschicklichkeit und das Handwerk, das dahintersteht. Dieses handwerkliche Element zieht mich an, egal ob in der Musik, bei Schuhen oder Kleidung.“ - Nicholas Daley

Mit Acts wie ASWAD, Heptones und Misty in Roots wurde der Reggae Klub eine der ersten Reggaeveranstaltungen in Schottland und ein sicherer Hafen für Minderheiten. Die Clubnächte und seine Familiengeschichte haben Nicholas stark geprägt. Die Kollektion nutzt er, um auf die kraftvolle Verbindung von Musik und Kultur hinzuweisen.

Die Kollektion ist ab September 2019 online und in ausgewählten Fred Perry Shops erhältlich.

Mansur Brown trägt Fred Perry x Nicholas Daley.

„Ich sehe mir Mansur an und denke, was würde zu ihm passen, wenn er spielt? Gibt es ein Material, das für seine Auftritte besonders gut geeignet wäre? Die Zusammenarbeit ist eine Herausforderung, aufregend ... Gibt es eine kleine Tasche für sein Plektrum? Das geht jetzt schon sehr ins Detail, aber damit meine ich das Feeling oder ein bestimmtes Material oder den Schnitt, der zu jemandem passt, und wie man das dann zusammen entwickelt. Als ob man zusammen kocht und sich ein Rezept ausdenkt, und hoffentlich schmeckt das dann.“ - Nicholas Daley

Nabihah Iqbal, Mansur Brown und Nicholas Daley im Gespräch

Nicholas Daley: Mein Vater hatte sein eigenes Sound System und veranstaltete zusammen mit meiner Mutter den Reggae Klub. Das hatte natürlich Einfluss auf diese Kollektion. Mansur und ich beschäftigen uns mit unserer Vergangenheit und Tradition und damit, wie sie uns noch heute prägen. Die kleinen Dad-Momente oder Einflüsse der Familie, weißt du.

Nabihah Iqbal: Warum glaubst du, dass das heute wichtig ist?

Mansur Brown: Ich denke, dass die Familie und deine Tradition alles beeinflussen, was du tust. Und es ist gut, Wertschätzung für die Menschen zu zeigen, die dich auf die Welt gesetzt haben. Logischerweise spielen deine Familie und Kindheit eine große Rolle für das, was du dann als Erwachsener tust. Viele Dinge, die du mit deinen Eltern, oder wen auch immer du als deine Familie ansiehst, erlebst, verinnerlichst du ganz unbewusst. Das ist eine große Sache, man muss das einfach anerkennen. Es definiert dich als Person.

NI: Ja, das stimmt. Nicholas, bei jeder deiner Kollektionen betonst du, dass sie auf deine Vergangenheit, deine Traditionen zurückgehen. Warum glaubst du, dass das jetzt, 2019, wichtig ist?

ND: Ich bin in Leicester aufgewachsen, einer der vielfältigsten Städte Großbritanniens, das hat mich sehr geprägt. Ich glaube, es geht vor allem darum, zu unterstreichen, was britisch überhaupt ist und was es bedeutet, Brite zu sein. Wir haben hier auf der Insel ganz unterschiedliche Wurzeln, die Karibik, Pakistan, Leicester, London ... In unsere Kreativität lassen wir all diese Dinge einfließen. Es ist faszinierend, wie sich daraus ein Ganzes ergibt.
Darum ist es so gut, mit Mansur zusammenzuarbeiten. Es ist toll, wenn er auf den Shows spielt, und es fühlt sich ehrlicher und authentischer an, wenn unsere Generation sich so gegenseitig inspiriert. Authentische Geschichten, authentische Menschen, die etwas Echtes erzählen.

ND: Mode und Musik sind miteinander verflochten. Sie sind beide ein Ausdrucksmittel. Wenn ich Mansur an der Gitarre in den Klamotten aus meiner Kollektion sehe, kann etwas sehr Kraftvolles entstehen. Wie gesagt, sieh dir Miles Davis, John Coltrane oder Jimi Hendrix an. Das waren tolle Musiker, aber es ging auch um das volle Paket, den Auftritt, den sie hinlegten, und die Outfits, die sie getragen haben.

NI: Wie siehst du das, Mansur? Wie fühlt es sich an, Sachen zu tragen, die mit Musik im Kopf entstanden sind, und du sitzt hier so mit deiner Gitarre ... Was bedeutet das für dich?

MB: Für mich ist es ein Privileg und ein Segen, mit so talentierten Leuten wie Nicholas zusammenzuarbeiten. Er ist ganz offensichtlich ein extrem talentierter Designer. Wenn du das Video zu Love is the Message gesehen hast, wird klar, dass die Kleidung darin eine große Rolle spielt. Sie ist genauso stark wie die Musik, und ich glaube in der Geschichte der Musik war das Visuelle immer auch sehr wichtig. Musik ist unglaublich kraftvoll. Als Musiker steckt man manchmal in den ganzen technischen Aspekten und in seiner eigenen Gedankenwelt fest. Mit Nicholas zusammenarbeiten zu können, hat mir zum Teil wirklich die Augen geöffnet. Es hat mich inspiriert und ich habe angefangen, über die visuelle Ästhetik der Musik nachzudenken.

NI: Warum glaubst du, dass die visuelle Ästhetik wichtig ist?

MB: Sie verleiht deiner Musik noch eine Dimension. Wenn die Musik an sich stark ist, trägt das Visuelle zum Gesamtkunstwerk bei. Wenn zwei kraftvolle Dinge wie Mode und Musik zusammenkommen, kann eine Geschichte erzählt werden, eine wirkliche, authentische Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln. Weißt du, in einem Video siehst du Klamotten und so weiter, und wenn du dann das Album hörst, fügt sich alles zusammen und verstärkt sich gegenseitig. Nicholas hat mich inspiriert. Es macht einfach Spaß.

NI: Ich glaube, für Außenstehende ist es schön, einen kleinen Einblick in die Zusammenarbeit zu bekommen. Jemand wie Jimi Hendrix hat einen Look, und selbst wenn du nur die Kleidung siehst, nicht sein Gesicht dazu, weißt du trotzdem, wer es ist. Es ergänzt sich automatisch.

Was würdest du tun, wenn du kein Modedesigner wärst?

ND: Wie bei Mansur war für mich Sport auch extrem wichtig. Was man dabei lernt, als Team zusammenzuarbeiten zum Beispiel. Es war toll, mit Fred Perry zusammenzuarbeiten. Das war ja ursprünglich eine Marke für Sportswear. Also meinen ersten Trainingsanzug entwerfen zu können, die Bomberjacke, die M65, das Piqué-Poloshirt ... das war nicht schlecht. Und es macht Spaß. Es fühlt sich an wie die Sachen, die wir damals getragen haben.

NI: Ihr habt beide erzählt, dass ihr viel Sport gemacht habt, bevor ihr Musik und Mode für euch entdeckt habt. Welche Verbindung seht ihr zwischen körperlicher Anstrengung, Disziplin, Training und der geistigen Verfassung? Wie passt das alles zusammen? Ich würde sagen, diese Dinge sind wirklich verflochten.

ND: Ich denke, Mansur Brown ist Mansur Brown weil, mal abgesehen von seinem Talent, spielst du halt jeden Tag, die ganze Zeit, genau wie ich in meinem Team. Weißt du, wir designen jede Kollektion zusammen, suchen das Material aus, kümmern uns um die Muster. Dieser Prozess, in dem du dein Handwerk immer besser machst. Das verstehe ich unter Handwerk, und das ist der Grund, warum ich mit Mansur zusammenarbeite, für mich ist das Gitarrespielen sein Handwerk. Und das beherrscht er wahnsinnig gut.