NOVEMBER 2024

Ein bisschen
wie die Nacht

Text von Paul Gorman

Streetstyle in Schwarz strahlt eine systemkritische Haltung aus.

Die Entscheidung für Schwarz steht für das Negative, die Antimaterie, das oppositionelle Denken. Und da Schwarz auch ein bisschen wie die Nacht ist, war es schon immer die Farbe der Wahl für Rebellen und Außenseiter.

Es gab Zeiten, da trugen nur Kunststudenten, Beatniks und die Pariser Existentialisten schwarze Schlabberpullis, Netzstrümpfe, Rollkragen mit Baskenmützen, enge Anzughosen oder Dreiviertelhosen.

Der Look gelangte in die Popkultur über Vorreiter wie Audrey Hepburn in ihrem kleinen Schwarzen in Frühstück bei Tiffany, die Beatles in ihrer Lederkluft von Astrid Kirchherr mit Baba Boots von Anello & Davide während ihrer Hamburger Zeit sowie Lou Reed und John Cale von Velvet Underground und andere regelmäßige Besucher der Andy Warhol Factory Mitte der 60er, als Bikerjacken und dunkle Sonnenbrillen der Gipfel der Coolness waren.

Vor dem Siegeszug des Gothic-Stils der 80er war es schwer, ein einfaches schwarzes Shirt zu finden. Und die, die man zum Beispiel bei Flip kaufen konnte, waren nachträglich stark gefärbt, aber nicht ursprünglich auf Schwarz ausgelegt. Antony Price, dessen bekannteste Stücke für Roxy Music und Frontmann Bryan Ferry gefertigt wurden, hatte in den frühen 70er Jahren großen Erfolg mit schwarzen T-Shirts mit angeschnittenen Ärmeln, die in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Hersteller Plaza entstanden. Ein verrucht aussehender Ferry in einem der Shirts ziert seine zweite Solo-LP These Foolish Things.

The %%M12-157|M12%% and %%G12-157|G12%% Original Twin Tipped Fred Perry Shirt in Black / Champagne / Champagne
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Über Generationen von Mods und Modettes, Skinheads und Suedeheads, Perry Boys und Casuals war es auf seine ganz eigene Art aber kein anderer als Fred Perry, über den das schwarze Poloshirt direkt ins Blut der Subkulturen gelangte. Sein überraschendes und subversives Design in Schwarz/Champagner/Champagner stellte das Konzept des bis dahin ausschließlich weißen Tennishemds auf den Kopf.

Der Blick in die Archive und Farbkarten verschiedener Zeiten zeigt, dass das in den 50er Jahren auf den Markt gebrachte Schwarz/Champagner/Champagner das erste Poloshirt in Farbe war. Das bekanntere Schwarz/Gelb/Gelb kam in den 70ern.

Durch das Tragen schwarzer Kleidung konnte man sich schon immer von der Masse abheben. Es ist ein visuelles Zeichen, mit dem man ein Statementsetzt.

Und es passt zum Erscheinungsbild des Bad Guys. Man braucht nur an Lee van Cleef in Sergio Leones Meisterwerk Für eine Handvoll Dollar zu denken, der dem strahlenden Sonnenschein tiefes Schwarz entgegensetzt. Oder an Marlon Brando, der in Der Wilde mit seiner Lederjacke cool die Achseln zuckt, als er auf die Frage „Wogegen rebellierst du eigentlich, Johnny?“ antwortet: „Was haben Sie im Angebot?“

Wie der bereits verstorbene kulturelle Ikonoklast Malcolm McLaren – Vater des Punk, Manager der Sex Pistols und Design-Partner von Vivienne Westwood – einmal zu mir sagte: „Schwarz ist die Ablehnung des Verschnörkelten. Nihilismus. Langeweile. Leere.“ Darum machte er Schwarz zur wichtigsten Farbe für die Kleidung einer enteigneten Jugendbewegung: Die ersten Bondage Suits von 1976 präsentierten sich in schwarzem Baumwollsatin. Zu schwarzen Brothel Creepers aus Wildleder oder Jodhpur Boots des britischen Schuhmachers George Cox waren die Stücke ein echtes Statement.

Die Langlebigkeit der schwarzen Poloshirts von Fred Perry stellte die Erwartungen an Freizeit- und Sportbekleidung genauso auf den Kopf. Weiß steht für Tennis und Wimbledon, während Fred in Schwarz, der Farbe der Antihelden, vollkommen gegensätzliche Werte vertritt. Der Gegenpol zur sauberen, klassischen Tenniswelt in der die Ursprünge von Fred Perry liegen, sind die durchgefeierten Nächte in dunklen, schmuddeligen Clubs, in denen Subkulturen entstehen. Das schwarze Poloshirt zeigt den adretten Pastelltönen von LA den Mittelfinger im britischen Stil.

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